Die Vorgeschichte
Der damalige Bochumer Oberbürgermeister Heinz Eickelbeck, Gründer des Vereins „Kinderklinik Bochum in Gambia e.V.“ organisierte eine Kennenlernreise nach Afrika. Mit einer Gruppe von über 35 Mitgliedern und Paten von vier weiteren Vereinen aus dem näheren Ruhrgebiet sind meine Frau Gaby und ich im Oktober 1986 erstmals für zwei Wochen nach Gambia in Westafrika gereist. Meine Frau wollte – als Kindergärtnerin – die Kinder Afrikas kennenlernen, ich war auch daran interessiert, was aus unserem gespendeten Geld geworden ist.
Aus der Reisegruppe entwickelte sich danach über Jahre hinweg ein Freundeskreis, mit gemeinsamen Feiern, gegenseitiger Unterstützung bei Veranstaltungen und weiteren jährlichen Flügen nach Gambia. Viele halfen inzwischen auch persönlich „ihren“ Patenkindern aus den Projekten. Unser erstes Patenkind, Saffiatou Jobe, ein Waisenkind aus dem Ort Marakissa, vollendete die Oberschule TH Bottrop in Gambia, wurde Kindergärtnerin und leitet heute dort den „Kindergarten Mülheim“.
Die Geschichte des Kindergarten Linden
Auf der Herbstreise im Oktober 1998, meine Frau war inzwischen „Reiseleiterin“ der Gruppe geworden und ohne mich in Gambia, wurde sie von einigen Mitreisenden gefragt, warum sie denn noch keinen eigenen Kindergarten hätte – man würde sie auch gern unterstützen. Ein Telefonat mit mir daheim war die Folge und für mich auch folgenschwer. Hatte ich doch, gerade ins Rentenalter eingetreten, ganz andere Pläne für die Zukunft. Wir hatten inzwischen viele Erfahrungen mit der Entwicklungshilfe gesammelt und wussten, wie „es“ geht, aber auch, was man nicht tun sollte. Ein Auseinanderdriften unserer gemeinsamen Interessen im Alter kam aber nicht infrage.
So begannen wir nach ihrer Rückkehr mit der Arbeit an einem neuen Verein: Vorgespräche und Vorbereitungen führten zur Gründungsversammlung am 18. Januar 1999. Im Mai danach reiste eine fünfköpfige Gruppe nach Gambia, um ein geeignetes Dorf zu finden. Zwei Bewerbungen hatten wir schon, wählten aber dann die Ortschaft Jabang, weil sie den schönsten Platz für das Projekt anbieten konnte: ein etwa 80 x 170 Meter großes mit 40 Mango- Baobab- und Cashewnuss-Bäumen bewachsenes kommunales Grundstück, das auch zum Planungsbereich einer ersten Grundschule gehörte.
Für mich als Ingenieur befand sich auch in meinem Reisegepäck die Vorstellung, die nötigen Bauwerke für einen Kindergarten in Lehmbauweise zu erstellen, wie es üblich war in diesem Land. Die Enttäuschung auf der Erkundungsreise war groß, als wir sahen, wie Termiten sich in den Lehmwänden der vorhandenen Hütten einnisteten. Schnell wurde deutlich, unsere Gebäude mussten auf andere Weise errichtet werden.
Im Jahr 1999 folgten weitere Reisen zur Beauftragung einer Baufirma und den Vorbesprechungen mit dem Dorfkomitee. Im September 2000 war es dann so weit: Zwei Häuser für Gruppen von jeweils 30 Kindern waren fertiggestellt, dazu ein Toilettenhaus mit Sickergrube. Der Kindergartenbetrieb konnte beginnen. Bis heute sind weitere zehn Gebäude mit insgesamt 34 Räumen errichtet worden, umgeben von einem Stahlmattenzaun mit je zwei Toren und zwei Türen.
Zum guten Start fehlte es uns auch nicht an einer kompetenten Leiterin. Mit Therese Gomez fanden wir die beste Kraft die wir uns wünschen konnten. Sie war zuvor stellvertretene Leiterin in einem anderen Kindergarten. Für unseren Neubeginn ein Glücksfall. Therese kannte sich aus, fand die fehlenden 20 Mitarbeiter/innen und „steuerte“ bis zum Jahre 2018 die Geschicke des Projektes.
Fusion
Im Gegensatz zu der weiterwachsenden Zahl der Paten unseres Vereins fehlten uns nach mittlerweile 12 Jahren Mitglieder in Bochum, insbesondere diejenigen, die sich aktiv in der Vereinsarbeit einbringen und die Bereitschaft mitbrachten, in Gambia die Geschicke zu lenken. So war es ein glücklicher Zufall, dass der Verein „Hattingen hilft e.V.“ nach enttäuschenden Erfahrungen im Ausland neue Betätigungsfelder suchte. Wir fanden zusammen, erweiterten unsere Aktivitäten um die Gebiete Schul- und Dorfentwicklung und sind gemeinsam bis heute als Kindergarten Linden, Schul- und Dorfentwicklung in Gambia e.V. unterwegs.
So fördern wir jetzt auch die benachbarte Grundschule mit Bauwerken, Schulmaterial und einem Mittagessen für die Kinder, zusätzlich unterstützen wir die muslimische Schule des Dorfes. Für das Dorf ist ein großer Nutzgarten entstanden. Weitere Projekte werden mit dem Dorfrat abgestimmt.
Nachruf
Man nannte sie in Gambia liebevoll „Mama Africa“. Meine Frau Gaby Feller ist im März 2018 verstorben. Unser Verein und das Engagement für die Kinder in Gambia war ihre Lebensaufgabe.
Ernst Feller